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Am 7. Juni 2022 startet unser LAB_KOLONIALES ERBE!

18-20 Uhr, Zwätzengasse 4 in Jena


Informationen zu den Vorträgen

Lokalgeschichte global: Wappen und Wahrzeichen der Stadt Eisenberg zwischen Äthiopien und Südamerika

Vortrag von Dr. Gero Fedtke (Universität Jena)

Die Legende eines Schwarzen Menschen als Diener am Hof eines Eisenberger Grafen wird im Jahr 1870 in den „Holzlandsagen“ publiziert. Mit ihr werden dem Wappen der Stadt Eisenberg, das vermutlich aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts stammt, mythische Ursprünge verliehen. Gero Fedtke folgt in seinem Vortrag den Spuren des Stadtwappens, der Sagen und Legenden und ordnet diese in räumliche und zeitliche Kontexte ein. Dabei zeigt sich ein gemischter Befund hinsichtlich ihrer kolonialen Dimensionen: So erscheinen die Sagen, die einen Schwarzen Menschen als Diener zur Hauptfigur machen, erst nachdem diese koloniale Praxis an den Höfen seltener wurde. Vermutlich lässt sich das Wappen auf die Mauritiusverehrung im ehemaligen Erzbistum Magdeburg zurückführen, womit es keine kolonialen Ursprünge aufwiese. Anders verhält es sich mit der Brunnenfigur, dem Eisenberger Wahrzeichen, aus dem Jahr 1727. Sie steht im Zeichen der europäischen Entdeckung und Unterwerfung der Welt, ihre Gestaltung schöpft aus einer allegorischen Darstellung Amerikas und dem transatlantischen Sklavenhandel.

Dr. Gero Fedtke ist seit 2019 Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur für Europäischen Diktaturenvergleich an der Friedrich-Schiller-Universität Jena im Verbund-Projekt „Diktaturerfahrung und Transformation: Biographische Verarbeitungen und gesellschaftliche Repräsentationen in Ostdeutschland seit den 1970er Jahren“ der Friedrich-Schiller-Universität Jena, der Universität Erfurt, der Stiftung Ettersberg und der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora. In seinen aktuellen Forschungsprojekten beschäftigt er sich mit der sowjetischen Buchenwaldrezeption sowie lokalen und globalgeschichtlichen Perspektiven auf das Wappen und die Wahrzeichen der Stadt Eisenberg.


Rassismuskritische Perspektive(n) auf das M*Fest

Eine rassismuskritische Perspektive von Christina Büttner (Thüringer Antidiskriminierungsnetzwerk – thadine) und Rea Mauersberger (Iberoamerica e.V.)

Im Jahr 2019 wurde das Stadtfest in Eisenberg erstmals unter dem Namen M*fest ausgerichtet. Die Stadt knüpft mit der Namenswahl positiv an ihr Stadtwappen und die so genannten Holzlandsagen an. Antirassistische Initiativen kritisieren, dass die kolonialrassistische Prägung des M*Worts ignoriert werde. Kritiker*innen argumentieren, dass Schwarze Menschen mit der M*Symbolik schon ab Mitte des 18. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum als untergeordnet und minderwertig markiert wurden. Fürsprecher*innen der Namenswahl verweisen hingegen darauf, dass das Publikationsdatum der Sagen vor dem Beginn der formalen kolonialen Expansion des Deutschen Kaiserreichs ab 1884 liegt und somit nicht kolonialen Ursprungs sein könne. 2022 soll das Stadtfest in Eisenberg erneut als M*fest ausgerichtet werden. Christina Büttner (Thüringer Antidiskriminierungsnetzwerk – thadine) und Rea Mauersberger (Iberoamerica e.V.) beleuchten die bisherigen zivilgesellschaftlichen Auseinandersetzungen um das M*fest aus einer diskriminierungs- und rassismuskritischen Perspektive mit dem Fokus auf Schwierigkeiten, die aus einer positiven Ausdeutung des „kolonialen Erbes“ erwachsen, und erörtern, auf welche Weise der Dialog in Zukunft geführt werden kann.

Christina Büttner ist Gründungsmitglied von thadine und Projektleiterin von ezra, der Beratung für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Thüringen. 

Rea Mauersberger ist Fachpromotorin für Migration, Diaspora und Entwicklung beim Iberoamérica e. V. in Jena. Der Iberoamérica e.V.  fördert die Qualität der Bildung für nachhaltige Entwicklung in Thüringen.